Kampfhandlungen zur Befreiung von Mosyr und
dem Knotenpunkt Kalinkowitschi.
Und der Erdball dreht sich, und die Jahre
vergehen,
Und mein Freundeskreis wird immer enger.
Ich weiя, meine Heimat geht ohne sie nicht zugrunde,
Aber es wird ihr ohne sie schlechter gehen.
Es werden ihr die Soldaten fehlen
Mit ihrem stolzen und mьden Gang,
Ihre Gesichter mit Faltengraben
Mit Narben von Trotyl und Metall..
Marat Schpiljow, Sergeant Angehцriger
der Nachrichtentruppe des 15. Gardekavallerieregiments.
††† Es kommt
bald der 60. Jahrestag nach dem Ende des Groяen Vaterlдndischen Krieges. Das
Gedдchtnis der Kriegsteilnehmer behдlt nicht nur einzelne tragische
Episoden, sondern auch die ganze Kette der Ereignisse, die 1418 Tage lang
zog. Und die Tatsache, daя die dritte zeitgenцssische Nachkriegsgeneration
oft keine Ahnung von vielen Ereignissen hat, die die Kriegshandlungen
wesentlich beeinfluяten, ruft wider Willen ihr Befremden und oft sogar ihre
Empцrung hervor.
In einer der Fernsehsendungen zum 60. Jahrestag der Schlacht bei Moskau
wurde zum Beispiel erklдrt, daя die Hitlerarmee hier die erste ernste
Niederlage erlitt. Aber einen Monat frьher wurde den Eindringlingen bei
Rostow eine vernichtende Niederlage beigebracht, obwohl nicht in so groяem
Maяstab, und sie waren wirklich zum ersten Mal gezwungen, eine von ihnen
eroberte Groяstadt zu verlassen! Die Kriegshandlungen der Roten Armee bei
Wladikawkas, wo eine stдrkere und besser bewaffnete Gegnergruppierung, die
nach Baku drang, noch vor dem Ende der Schlacht bei Stalingrad geschlagen
wurde, sind fast gдnzlich in Vergessenheit geraten!
††† Die
Kampfhandlungen zur Befreiung von Mosyr und dem Knotenpunkt Kalinkowitschi,
um die es sich nachstehend handelt, mцgen von keiner so groяen
strategischen Bedeutung sein (?), werden aber aus unerklдrlichen Grьnden
sogar in der offiziellen Ausgabe Der Geschichte des Groяen Vaterlдndischen
Krieges nicht erwдhnt (die dreibдndige Ausgabe Дfьr den DienstgebrauchУ).
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1
††† Ob ein gemeiner Soldat viel von
der Lage im Frontabschnitt weiя, wo er am Kampf teilnehmen muяte? Wenn er
ьber die Brustwehr des Schьtzengrabens hinausschaut, sieht er ein Wдldchen
oder einen Hьgel, den er erstьrmen sollte, oder woher ein Gegnerangriff zu
erwarten ist, und nicht mehr. Nur ungefдhr, nach den Wegweisern, an denen
ihn seine Frontwege vorbeifьhren, kann er sich vorstellen, wohin ihn das
Schicksal verschlagen hat. Da ich als Funker ohne Funkgerдt die Pflichte
eines Telefonisten im 11. Gardekavallerieregiment erfьllte, war mir eine
breitere Information zugдnglich, als den Soldaten und Sergeanten der
ДSдbelschwadronenУ: indem ich die Verbindung zwischen den Unterabteilungen
herstellte, kannte ich aus den Gesprдchen zwischen dem Stab und den
Schwadronenkommandeuren mindestens was vor der Regimentsfront vor sich
geht. Das war aber nur eine Strecke weniger als ein Kilometer lang, ob sie
eine Vorstellung von den Geschehnissen im ganzen Frontabschnittt gewдhren
kann?
††† Die
Ereignisse, um die es weiter geht, hatten ein tragisches Ende fьr mich. Ich
bin zwar am Leben geblieben, als ich gefangengenommen wurde, aber heute
behaupte ich mit Sicherheit, wenn ich mich an meine Erlebnisse erinnere:
kцnnte ich damals zwischen der Gefangenschaft und dem Tod wдhlen, so wьrde
ich den letzteren bevorziehen. Nur die Mцglichkeit ein hilfloser Krьppel zu
bleiben kann schrecklicher sein.
††† №brigens
erzдhle ich extra davon.
†††Nach
vielen Jahren nach dem Kriegsende, von meinem erbarmungslosen Gedдchtnis
aufgepeitscht, nahm ich mir vor, mich in den wahren Geschehnissen am
13.-14. Januar 1944 am Pripjat-Ufer westlich von Mozyr zurechtzufinden.
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2.
††† November 1943. Nach den schweren
blutigen Kдmpfen, die mit der Befreiung eines kleinen Stдdtchens Hoiniki
endeten, wurde das 2. Gardekavalleriekorps durch die Schьtzendivisionen
abgelцst. Wie die Offiziere sagten, wurden wir zur Erholung und Ergдnzung
geschickt.
††† Einige Tage
lang marschierten wir mit Mьhe und Not die Frontlinie entlang. Bei jedem
Halt gruben wir mit den Spaten in der durchgefrorenen Bodenoberschicht
mьhsam Schьtze aus. Hier schliefen wir auch, Tannenzweige untergelegt, uns
in Soldatenmдntel eingewickelt und von oben mit der Zeltbahn gedeckt. Zuerst
zitterte man vor Kдlte, aber allmдhlich wurde man warm. Wenn ich mich
schlafen legte, zog ich meine Stiefel aus, steckte meine Fьяe in die Mьtze,
wickelte die Fuяlappen um meinen nackten Kцrper herum, die Stiefel legte
ich unter meine Seite. Dann waren meine Fьяe am Morgen warm und in den
trockenen Fuяlappen. Bei diesen Mдrschen hatte man keine Zeit ein groяes
Feuer zum Einrichten eines Lagers fьr alle anzumachen.
††† Manchmal schneite es in der Nacht,
gegen Morgen wurden die die Schьtzengrдben vom Schnee verweht und beim
Hinauskriechen nach dem Befehl ДAufstehen!У muяte man den Schnee mit dem
Kopf durchschlagen.
††† Wahrscheinlich
soll ich erklдren, was unter einem ДLagerУ zu verstehen ist. Zwei Ц drei
Stunden vor dem Zapfenstreich wird (wenn es Zeit gibt) ein Platz
gekennzeichnet und auf einen Spaten vertieft. Der Umfang des Platzes soll
alle fassen, die in der gegrabenen Bodensenkung schlafen sollen. Dann wird
auf diesem ganzen Platz Feuer gemacht. Nachdem es verbrannt ist, werden vor
dem Schlaf die nicht verbrannten Kohle und Asche hinausgeworfen, der Platz
wird festgetreten, darauf werden Tannenzweige oder Stroh untergestreut. Dann
legt man sich darauf schlafen, sich fest an einander gedrьckt, in Soldatenmдntel
eingewickelt und von oben mit der Zeltbahn gedeckt.
††† Die Wдrme bleibt in so einem
Lager sogar beim Frost bis zum Aufstehen erhalten, wenn es die Lage an der
Front zulдяt.
††† Fьr die
Pferde gab es kein Futter, denn wir gingen durch eine fast menschenleere
Gegend, in den schwach bewohnten Polessje-Sьmpfen. Endlich blieben wir, so
schien es, fьr eine lдngere Zeit stehen: es wurde uns befohlen Erdhьtten zu
graben und grьndlich einzurichten, ortsfeste Telefonverbindung (an den
Stangen) zwischen den Stдben und Schwadronen herzustellen. Die nдchste
Ergдnzung kam an, meistenteils erfahrene Soldaten nach der
Lazarettbehandlung. Man putzte und erprobte grьndlich die Waffen, ersetzte
Karabiner und Maschinenpistolen, die eine Reparatur benцtigten. Es wurden
Feldmanцver und №bungsschieяen veranstaltet.
††† Im
Nachrichtenzug schien man schon zu vergessen, daя ich ein Funker bin. Die
Telefonverbindung an der vordersten Linie war damals sicherer. Die Front
war in der Nдhe, da Artilleriefeuer und Feuerstцяe deutlich zu hцren waren.
Die deutsche Luftwaffe unternahm nichts (wie immer im Winter war sie
weniger aktiv), manchmal zog hoch im Himmel das unverletzbare ДRamaУ
(Aufklдrungsdoppelrumpfflugzeug Focke-Wulf) vorbei.
†† †Gewцhnlich erschien es im Auftakt vor den
Luftangriffen oder Artilleriebeschьsssen, damals aber begnьgte es sich mit
der Aufnahme unserer Stellung.
††† Statt der
Stiefel wurden uns Filzstiefel ausgegeben, was uns bei der immer stдrkeren
Kдlte sehr gelegen kam. Die vor Hunger abgemagerten Pferde wurden auf
Befehl ins Hinterland mit den Pferdewдrtern abgeschickt, es blieben nur
Wagenzugpferde und Regimentsbatteriengespanne.
††† Endlich erklang das Appel- und
Antretenkommando und unser Regiment ging abgesessen auf unmerklichen Pfaden
im versumpften Wald.
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